WOMAN Kolumne: Die Kunst, eine Vision zu entwickeln

Die Kunst, eine Vision zu entwickeln / WOMAN Magazin Ausgabe 16. Dezember 2021

 

Wenn sich ein Jahr zu Ende neigt, ist es wichtig, noch einmal zurückzublicken. Idealerweise nicht „im Zorn“, sondern möglichst gelassen. Wir ziehen Bilanz: Was war förderlich, was war hinderlich, was hat uns traurig, was glücklich gemacht? Es geht darum, Dinge zu verabschieden und ziehen zu lassen, um für Neues Platz zu schaffen. Dafür brauchen wir nicht nur unser Herz und unseren Bauch, sondern auch unseren Verstand, also unser „Hirn“. Das Gehirn liebt Bilder, es kann sich Dinge super merken, wenn sie mit einer Emotion verknüpft sind. Je bedeutender und dringlicher so eine Emotion, desto eher wird sich der Verstand auf die Wunscherfüllung ausrichten.  Das nennen wir selektive Aufmerksamkeit. Unser Gehirn lenkt unsere Aufmerksamkeit so, dass wir unsere Ziele besser erreichen können. Das ist doch wunderbar, oder?

 

Das ist auch der Grund, warum ich zum Jahreswechsel nicht nur bilanziere, sondern auch schon Visionen entwickle. Die Zeit „zwischen den Jahren“, wie die Tage zwischen Weihnachten und Neujahr genannt werden, sind eine gute Zeit, zu reflektieren und sich zu fragen, unter welchem Stern Ihre nächsten zwölf Monate stehen sollen. Lehnen Sie sich zurück, machen Sie es sich im Kerzenschein oder bei ruhiger Musik gemütlich und lassen Sie Ihre Gedanken wandern. Finden Sie in dieser Stimmung Ihre Frage und schließlich Ihre Antwort darauf. Geduld! Es muss nicht innerhalb von Sekunden die perfekt formulierte Antwort da sein. Viel sinnvoller ist es, sie im Vertrauen auf uns zukommen zu lassen. Außerdem: Vielen Menschen scheint eine große Vision, ein Lebensziel, ein Lebensplan zu hoch gegriffen und unerreichbar. Viel besser ist es daher, die „Vision“ in verdauliche Happen aufzuteilen. Was bietet sich da besser dafür an als unser Monatskalender? So können wir uns durch das Jahr „visionieren“, von Jänner bis Dezember. Die großen Fragen in kleine Elemente teilen, um die Antworten immer wieder neu anzupassen. So wird es einfacher, Ideen und Träume auf den Boden zu bringen.

 

Da unser Gehirn, wie erwähnt, mit Bildern besonders viel anfangen kann, habe ich in meinem Büro eine große Glaswand zu meiner persönlichen Visions-Zentrale umfunktioniert. Hier wird alles notiert, was ich in mein Leben ziehen will – beruflich wie privat. So exakt und so emotional wie nur möglich. Manche kennen den Begriff „Visionboard“ vielleicht – nach dem Motto: Willst du eine Weltreise tun, dann pinne ein Foto all jener Orte und Abenteuer auf dein Visionboard, die du sehen und erleben möchtest. In meiner Familie hat meine Glaswand einen eigenen Kosenamen: die magische Wand. Alles, was ich je drauf geschrieben habe, hat sich erfüllt. Also bitte aufpassen, was Sie dabei verbildlichen!  

 

Außerdem ist es wichtig, nicht krampfhaft daran festzuhalten. Es reicht, eine Vision für das neue Jahr zu definieren und einige Tage visuell festzuhalten, um immer wieder unterbewusst daran erinnert zu werden. Dann: loslassen! Die Schritte, die ich akut unternehmen kann, mache ich natürlich. Aber dieses Loslassen ist der wichtigste Schachzug. Manche meiner Ziele stehen schon seit einem Jahr auf dem Board, ich habe sie beinahe vergessen. Genau das ist die Erfolgsformel. Wenn ich verkrampft an etwas herangehe, klappt es nie. Wenn ich es spielerisch angehe, entspannt – dann wirkt die „magische Wand“ Wunder. Wichtig ist nur, klar zu bleiben und möglichst emotional. Ein Visionboard sollte außerdem einen gut gewählten Platz haben, so dass wir es untertags immer wieder unterbewusst wahrnehmen können. Das Gehirn wird unsere selektive Aufmerksamkeit dabei so lenken, dass uns das Wichtigste ins Auge springt. Auf diese Weise begleitet es uns zu Lösungen oder zum Ziel. 

 

Jetzt aber: Kennen Sie ihr Ziel, ihre Vision ihre Überschrift für das kommende Jahr 2022 schon? Nur so:  Wer keine Frage stellt, kann auch keine Antwort erwarten. Alles startet mit einer Frage, geht in einen Gedanken über und endet schließlich in einer Tat. Sogar der größte Herzenswunsch kann nur durch eine Frage entdeckt werden. Malen Sie sich etwas aus, schreiben Sie es nieder, verwenden Sie Bilder dafür. Wichtig ist, dass Ihre Vision Gefühle auslöst. Sie muss bedeutsam sein. Damit das Gehirn weiß, da soll die Aufmerksamkeit, die Energie hin. Was soll Ihnen also das kommende Jahr, die nächste Meile bringen? Welches Erlebnis würde Ihr Herz höherschlagen lassen? Was würden Sie gern mit 80 Jahren im Schaukelstuhl über das Jahr 2022 sagen können?  Alles Schöne und Gute beginnt mit Fragen. Fangen Sie an. Jetzt.

 

Das Jahr endet bald, eine Idee:  Wie wäre es, wenn wir uns Ehrlichkeit auf die Liste der Neujahrsvorsätze schreiben?