Die hohe Kunst das eigene Leben zu bestimmen / LIKE IT MAGAZIN, Ausgabe Mai/Juni 2021

 

Raus aus dem Stress, zurück ins eigene Tempo: Selbstcoaching lässt uns das Leben wieder gestalten und genießen. Wer sich selbst coacht, kann Krisen besser meistern, ist glücklicher und fördert die eigene Gesundheit.

 

Das Leben gestalten und genießen

Das Gefühl, selbst über das eigene Leben zu bestimmen, ist ein entscheidender Baustein für unsere Gesundheit und unser Glück. Gerade in den vergangenen Monaten haben sich viele Menschen psychisch nicht so stark gefühlt wie gewohnt und erleben Angst, Stress und Depressionen. Für Frauen kommt es besonders oft zu einer Überlastung im Alltag: Die Rollen in Familie, Arbeit und Freizeit unter einen Hut zu bringen, gestaltet sich mehr denn je als Herausforderung. Die einzelnen Belastungsquellen verstärken einander gegenseitig, sodass eine Abwärtsspirale entsteht, die es aufzuhalten gilt.

Dazu kommt durch die rasante Zunahme der Digitalisierung für viele Menschen digitaler Stress, wie eine Studie der FH Oberösterreich aus dem Oktober 2020 zeigt. Die vermehrte Nutzung digitaler Medien und die dadurch empfundenen Verpflichtungen führen vielfach zu emotionaler Erschöpfung sowie zu Unzufriedenheit im Job und schwächen unsere mentale Gesundheit.

 

Dem Stress entgegenwirken

Mit ihrem Leben sind die Menschen in Österreich grundsätzlich zufrieden. Im Sommer 2020 haben das 85 Prozent der Befragten in einer Umfrage bestätigt, ein Drittel (34 Prozent) ist sogar „sehr zufrieden“. Das ist eine gute Basis, um Herausforderungen zu meistern und die fehlenden Puzzle-Steine zu einem glücklichen Alltag selbst zu ergänzen. Denn Zufriedenheit wird nicht nur durch äußere Fakten, sondern vor allem durch die innere Befindlichkeit beeinflusst. Und das Innenleben können wir stärker beeinflussen als wir denken.

Selbstcoaching ist ein wirksamer Weg, um Stress abzubauen, unser Potenzial wieder zu spüren und kraftvoll im Alltag wirken zu können. Während im klassischen Coaching ein Coach den Klienten bei der Selbstreflexion begleitet, übernehmen wir beim Selbstcoaching selbst diese Rolle, hinterfragen kritisch den eigenen Status Quo und entwickeln Teilschritte und Lösungen. Durch die Analyse und anschließende Optimierung der persönlichen Kompetenz gelangen wir in die volle Selbstwirksamkeit und statten uns mit den Mitteln und Ressourcen aus, um in Krisensituationen bestehen und sich selbst helfen zu können.

 

Selbstcoaching: Die ersten Schritte

  • Am Anfang des Selbstcoachings können vier Grundfragen stehen, mit denen wir uns selbst konfrontieren. Die Frage „Wer bin ich?“ erforscht die persönlichen Werte und Normen, die eigene Wahrnehmung, aber auch aktuelle Hemmnisse in Job und Alltag. Mit der zweiten Frage, „Was will ich?“, widmen wir uns den eigenen Zielen. Es geht darum, herauszufinden, was uns als Individuum wichtig ist, welche Stärken und Potenziale wir in uns tragen – und zu erkennen, was wir verändern möchten. Die dritte Frage an uns selbst lautete: „Warum will ich das?“ Wenn wir unser eigenes „Warum“ beleuchten, machen wir uns unseren Antrieb und unsere Wünsche bewusst. Und schließlich zeichnen wir Wege vom Anfangspunkt in Richtung der Lösung vor: „Wie kann ich mein Ziel erreichen?“. Dazu ist häufig ein Perspektivenwechsel hilfreich, um neue Möglichkeiten und Handlungsspielräume zu entdecken. Hier können wir auch in den Blickpunkt mit einbeziehen, wer uns beim Erreichen unterstützen kann oder das Gewünschte sogar schon einmal erreicht hat.

 

Klarheit ist ein guter Startpunkt zur Lösung!

 

Sind die Ziele klar, ist der Grundstein für die Veränderung gelegt, und der Persönlichkeitsentwicklungsprozess kann beginnen. Entscheidend ist dafür, eine individuell gut passende Methode zu wählen. Beispielsweise eine fixe Tageszeit dafür freizuhalten oder einen bestimmten Ort, an dem man sich wohl fühlt. So bringt etwa das Ausfüllen eines Journals – das ist eine Art zielgerichtetes Tagebuch – Klarheit und lässt Ziele und Wünsche klar erkennen, strukturieren und benennen. Nach der Definition der Ziele und der Auswahl der persönlich ansprechendsten Methode kann es mit der Vorbereitung und dem Selbstcoaching losgehen. In angenehmer Atmosphäre und einer ruhigen Umgebung können wir uns voll auf uns selbst konzentrieren und die optimale Coaching-Wirkung entfalten. Die langfristige Arbeit beginnt danach: Wenn es darum geht, die neu erlangten Ideen und Ansätze, Gedanken, Bilder und Lösungswege ins tägliche Leben zu übertragen, zu vertiefen und zu leben.

 

Wobei hilft uns Selbstcoaching?

Mit Selbstcoaching lassen sich Veränderungen im Leben positiv gestalten, und aus Schwierigkeiten werden Möglichkeiten. Auf dem Weg zur beruflichen Selbstverwirklichung, zum Erfüllen persönlicher Träume, zur Entspannung und zum Abbau von Stress sowie für sämtliche Themen des Privatlebens ist Selbstcoaching ein wirkungsvolles Werkzeug. Aber auch um Konflikte zu lösen, seine sozialen Beziehungen zu verbessern, sich selbst mehr Freiraum zu schaffen oder gesunde Gewohnheiten wie Sport und bessere Ernährung in seinen Alltag zu integrieren, ist Selbstcoaching ideal.

Eine wichtige Voraussetzung für Selbstcoaching ist die Bereitschaft, sich selbst aus der Vogelperspektive zu beobachten, sowie persönliche Gewohnheiten und Verhaltensweisen kritisch zu hinterfragen, Widersprüche wahrzunehmen und auszuhalten, anstatt sie auszublenden oder zu verdrängen. Wenn die Ziele im Selbstcoaching stimmig, klar und positiv formuliert sind, bewegen sich die persönliche Kreativität und der eigene Wille in eine gemeinsame Richtung und die Umsetzung gelingt leichter. Ein gut gewähltes Ziel knüpft an tiefen Bedürfnissen an und löst ein starkes positives Gefühl aus, sodass wir Gewohnheiten verändern oder uns gut an eine neue Situation anpassen können.

Auch ein wiederholtes konzentriertes Visualisieren des Zieles sollte nicht fehlen, denn das ist ein Schlüssel für Veränderungen in unserem Gehirn. Die individuell passenden Ziele zu finden, ist daher ein entscheidender Schritt und je nach Persönlichkeitstyp auf verschiedenen Wegen möglich: Auf das eigene Herz zu hören, rational zu analysieren oder eine strategische Vision zu entwickeln sind mögliche Zugänge. Dann gilt es, mit einer Portion Selbstdisziplin an der Umsetzung zu arbeiten.

 

Das Selbstbewusstsein stärken

Wer Selbstcoaching praktiziert, hilft sich selbst bewusst und wirkungsvoll mit der Kraft seiner Gedanken und Gefühle. Die Auswirkungen im Alltag sind vielfältig: Mit einem verbesserten Selbstmanagement, neuen Verhaltens- und Reaktionsmustern, mehr Souveränität und einer optimierten Selbstwahrnehmung, tieferer Selbstkenntnis, langfristig gestärkter Selbstwirksamkeit und mehr Selbstbewusstsein, mehr Empathie und Verständnis für andere Menschen verbessern wir unsere sozialen Beziehungen, meistern den Alltag leichter und lernen, besser für uns selbst zu sorgen und in turbulenten Zeiten zu bestehen.

Krisen vorzubeugen, auch unter Druck funktionsfähig zu bleiben, Potenziale zu bergen, seine Zufriedenheit zu steigern, den Stress des Alltags besser zu bewältigen und sich selbst in die volle Selbstwirksamkeit zu katapultieren: All das sind Ergebnisse des Selbstcoachings, die letztlich zu einem erfüllten Leben führen. Zugleich vertiefen wir durch Selbstcoaching Fähigkeiten wie Kreativität und Empathie, die sich in sämtlichen Lebensbereichen anwenden lassen, und erhöhen unsere Selbstaufmerksamkeit.

 

Zurück zum eigenen Tempo

 

Durch Selbstcoaching finden wir einen Weg aus der Überforderung zurück in ein Leben in unserem eigenen, selbst gewählten Tempo. Mit der Kraft der Intuition gelingt es uns, ein Leben nach unseren Vorstellungen zu führen, anstatt uns nach den Erwartungen anderer zu richten. Selbstcoaching ermöglicht eine kostengünstige Persönlichkeitsentwicklung, ist nicht an Termine gebunden und macht Spaß. Nehmen wir unser Leben selbst in die Hand und verwirklichen unsere Träume und Visionen!

Selbstcoaching hat natürlich auch seine Grenzen. Dann ist es ideal, sich Begleitung zu holen – beispielsweise durch einen erfahrenen systemischen und lösungsfokussierten Coach. Oft ist diese Entscheidung – die Bereitwilligkeit das Thema ernst zu nehmen, wirklich angehen zu wollen und sich dabei von einem Coach unterstützen zu lassen –, schon das Zünglein an der Waage zum Erfolg. So kommt man häufig schneller und einfacher zum Ziel: Durch diese Bereitschaft, die eigene Willenskraft und das laute Ausformulieren und Besprechen.

Und eine Coaching-Einheit mit einem Experten kann wiederum als Startpunkt für das weiterführende Selbstcoaching dienen!

 

Anleitung zum Selbstcoaching

In 5 Schritten unser Leben aktiv steuern

  1. Vier Grundfragen beantworten: Wer bin ich? Was will ich? Warum will ich das? Wie kann ich mein Ziel erreichen?
  2. Methode wählen: beispielsweise Journale, fixe Tageszeit auswählen
  3. Setting vorbereiten: Ruhige, individuell angenehme Atmosphäre schaffen
  4. Coaching, Coaching, Coaching – Fragen stellen, Fragen stellen, Fragen stellen
  5. Lösungswege leben: Selbstcoaching-Ergebnisse in den Alltag integrieren

 

Wer sich selbst befragt, der führt sich!

 

Die Autorin

Nicole Hobiger-Klimes ist Impulsgeberin, systemischer Coach und leitet seit mehr als zehn Jahren ein Ausbildungsinstitut für Meditation und Achtsamkeit. Dabei unterstützt sie Menschen, ihre Persönlichkeit zu entwickeln und ihr Leben in Balance zu bringen. Soeben ist ihr Dankbarkeitsbuch „Meine Quantensprünge“ (Verlag Berger, € 24,90) erschienen. Es versteht sich – im Sinne eines Journals zum Selbstgestalten – als Wegweiser zu den schönsten Momenten des Lebens und will vor allem Mut machen. Für Interessierte bietet die Expertin ein günstiges Einsteigerpaket mit acht geführten Meditationen an – zum direkten Download für Zuhause (21 €).

 

Quellen:
Studie FH Oberösterreich: https://forschung.fh-ooe.at/digitaler-stress-studie/
Umfrage Zufriedenheit: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/284595/umfrage/umfrage-in-oesterreich-zur-zufriedenheit-mit-dem-eigenen-leben/#professional